Folgendes fand ich im Freud-Museum in Wien:
von Felix Boenheim, 1932:
„Aufruf an die Ärzte aller Länder
Wir unterzeichneten deutschen Ärzte begrüssen den Aufruf von Henri Partusse zum Kampf gegen einen neuen deuteschen Krieg. Wir Ärzte kennen die Schrecken des Krieges am besten, weil wir noch heute die irreparablen Gesundheitsschäden des letzten Krieges täglich sehen.
Der nächste Krieg kennt keinen Unterschied zwischen Front und Hinterland. Giftgas, Brandbomben und Bakterien werden alles Lebendige vernichten. Im Weltkriege wurden fast 10 Millionen Menschen auf den Schlachtfeldern getötet, 17 Millionen verwundet und verstümmelt. Der Lebensstandard der werktätigen Bevölkerung ist durch den Krieg und die danach folgende Wirtschaftskrise in ungeheurem Masse heruntergedrückt worden. Die Massenarbeitslosigkeit hat zur Massenverelendung geführt. Der Abbau der Leistungen der sozialen Versicherungen, der Mittel zur Bekämpfung der Krankheiten führt zu immer neuen und schwereren Schädigungen der Gesundheit des Einzelnen. Chronische Unterernährung und Wohnungselend lassen Volksseuchen wie die Tuberkulose wieder ansteigen. Die Zahl der Nervenerkrankungen nimmt ständig zu und mit ihnen die Zahl der Selbstmorde.
Trotz dieser fortdauernden Vernichtung von Kulturwerten durch Krieg und Nachfolgen, trotzdem die Schreckensbilder des Weltkrieges nicht unvergessen blieben, sind schon wieder Kräfte am Werke, die den Ausweg aus der Wirtschaftskrise in einen neuen Krieg sehen wollen. Der Krieg, der jetzt im Osten tobt, kann nicht lange lokalisiert bleiben. Bedroht ist in erster Linie Sowjetrussland. Ein Angriff auf dieses Land, das den friedlichen Aufbau will, bedeutet einen neuen Weltkrieg.
Deshalb rufen wir Unterzeichneten die Ärzte aller Länder auf, gegen den Krieg zu kämpfen und den Genfer Antikriegskongress am 28. Juli 1932 zu beschicken.
Als Hüter der Volksgesundheit erheben wir unsere warnende Stimme gegen ein neues internationales Blutbad, in das die Völker planmässig hineingetrieben und dessen Folgen unabsehbar sein werden!“
Unterzeichnet von 200 Ärzten, darunter auch Sigmund Freud.
Abschrift aus dem Freud-Museum in Wien.
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