Selbstabwertung hilft nicht

Michael BaarAllgemein

Heute möchte ich auf einen weiteren Punkt zum Thema Stressmanagement aufmerksam machen:

Das schlechte Gefühl dabei, etwas nicht (mehr) zu schaffen.

Dieses Gefühl zieht Dich runter. Es nervt gleichzeitig gewaltig.
Denn Du willst es ja nicht. Doch Du kannst ES einfach nicht verdrängen.
Früher ging das noch. Da hast Du in solchen Momenten an etwas Positives gedacht oder Dich mit Aktivität abgelenkt. Hast gedacht: „Später kümmere ich mich darum. Doch jetzt passt es nicht in mein Leben / die Situation. Also erst mal weg damit.“
So hilfreich dieses Vermögen, etwas zum unpassenden Zeitpunkt Auftretendes zu verdrängen, auch ist: Es handelt sich dabei um eine kurzfristig sehr wirksame Intervention, die aber nicht auf Dauer wirkt.

Stell Dir vor, Du belastest Dein Zufriedenheits- und Gesundheits-Konto ins Negative, wie eine Art Überziehungskredit. Irgendwann musst Du dieses Defizit wieder ausgleichen. Es nützt nichts, immer weiter zu verdrängen und zu überziehen: Es kommt der Moment, in dem Du an die Grenze des Überziehbaren gelangst. Versuchst Du es weiter, sperrt man Dir das Konto und Du bist nicht länger handlungsfähig. Burn-out… Ende… Stecker raus…
Dann ist es sogar zu spät, etwas einzuzahlen. Da das Konto gesperrt ist, geht nicht mal mehr das.

Das ist dann auch meist die Stunde der Selbstabwertung: „Ich schaffe es nicht, ich bin ein Looser, ein Verlierer…“ Vergleiche mit anderen helfen dabei, diese Gedanken und die resultierenden Gefühle zu verstärken: „Andere schaffen es doch auch, warum Du nicht? Früher hast Du es wenigstens noch versucht, doch jetzt fehlt jede Motivation, jeder Antrieb, Du Schwächling…“ Du bist immer weniger belastbar, schläfst viel mehr (oder viel weniger) als früher und bist nicht erholt, alles strengt an, alltäglichste Verrichtungen werden zur Herausforderung…
An dieser Stelle ist externe Hilfe unbedingt nötig! Wende Dich sofort an einen Arzt oder Therapeuten! Warte nicht länger! Spricht mit Deinem Partner oder einem Freund und bitte um Hilfe!

Damit es nicht soweit kommt, ist es wichtig, eine Sensibilität für Dich und Deine Bedürfnisse zu entwickeln.
Höre auf Deine inneren Stimmen, die Dich um Ausgleich bitten. Sie sind leise und zart und gehen oft unter im Kanon der lauten Stimmen, die auch da sind: „Zieh durch!“, Streng Dich an, Du schafftst das!“
Da hat es die Stimme schwer, die da sagt: „Setz Dich hin und tu mal zwei Stunden nichts. Wirklich NICHTS. Allein.“
Diese Stimme sagt Dir vielleicht etwas ganz anderes. Doch solltest Du auf sie hören.

Zurück zum schlechten Gefühl, etwas nicht mehr zu schaffen:
Hast Du Dich jemals dadurch besser gefühlt, dass Du Dich selber schlecht gemacht hast?
Ich glaube nicht. Es hilft NICHT, sich abzuwerten, das macht es niemals besser.
Doch die Realität ist: Du WIRST Dich abwerten und in die Versuchung geraten, Dich auch dafür wieder abzuwerten. „Du weißt doch, dass es nicht hilft, sich abzuwerten. Nun tust Du es doch schon wieder! Nicht mal das kannst Du!“

Scheint paradox: Sich nicht abwerten, obwohl man sich abwertet…

Hier gibt es nur eine Lösung: BEIDES nebeneinander zuzulassen: Die Abwertung UND den Wunsch, es nicht zu tun. Diese Ambivalenz auszuhalten ist nicht leicht, kann aber ungemein entlasten: „Ich würde mich ja so gern nicht abwerten, sondern sogar wertschätzen und mögen. Selbst in Momenten, in denen ich mich bewusst wertschätze, gelingt es mir nicht immer und ich finde das gleichzeitig nicht gut von mir. Aber ich bin mir darüber bewusst, dass es mir gut tut, mich immer wieder daran zu erinnern, mich selbst einfach so zu mögen, selbst wenn ich mich gerade nicht mag…“
Spürst Du diesen Pendeleffekt, wie es hin und her geht?

Probiere es doch beim nächsten mal aus, wenn Dir bewusst wird, dass Du unzufrieden mit Dir bist.

Und wenn Du sogar ein Guthaben auf Deinem Gesundheits- und Zufriedenheitskonto aufbaust, kannst Du in belasteten Zeiten viel länger dafon profitieren, und Du müsstest gar nicht erst in die Überziehung.

Möchtest Du mehr? Klicke hier.

In diesem Sinne: Herzliche Grüße!

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